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Autos mit Flügeln

Fliegende Autos sind ein beliebtes Motiv in Science-Fiction-Stoffen. Die Realität ist da etwas langsamer: Flugautos scheinen laut geflügeltem Wort stets „noch fünf Jahre“ von der Marktreife entfernt zu sein. Wann flitzen wir endlich durch die Lüfte?

Die Vorstellung, dass der Individualverkehr dereinst von den Straßen in die Lüfte verlegt wird, ist ein bekannter Wegbegleiter popkultureller Werke. Bekanntere Beispiele dafür sind die schwebenden Autos aus „Das fünfte Element“ mit Bruce Willis und Milla Jovovich, die „Spinner“ (fliegende Polizeiautos) aus dem Kultstreifen „Blade Runner“ und das Familienflugauto der US-Zeichentrickfamilie „Jetsons“.

In „Das fünfte Element“ steuert Protagonist Korben Dallas (Bruce Willis) hauptberuflich ein fliegendes Taxi. Seiner Zeit voraus war Regisseur Luc Besson, der den Film 1997 produzierte, dessen Handlung jedoch im Jahr 2263 spielt, mit seiner Idee aber nur teilweise.

Denn Pläne und erste Modelle für Flugautos gibt es schon lange, sie feiern in diesem Jahr ihren 100. Geburtstag. 1917 startete der US-Amerikaner Glenn Curtiss mit dem „Curtiss Autoplane“ den ersten Versuch, ein Flugauto herzustellen. Der Flugpionier war damit jedoch – im Gegensatz zu zahlreichen anderen Projekten – nur mäßig erfolgreich. Denn das Fahrzeug schaffte es zwar, den festen Boden zu verlassen, wirklich fliegen konnte es jedoch nie. Einige Jahre später, nämlich 1940, verkündete Henry Ford, dass eine Kombination aus Flugzeug und Auto bevorstehe. Zitat: „Sie lachen vielleicht, aber das wird kommen.“

Dass es auch 2017 noch Zweifel gibt, wann das Flugauto endlich für die Masse nutzbar ist, hätte sich Ford vermutlich nicht gedacht. Denn über die Jahrzehnte gab es unzählige Modelle, Versuche und Initiativen, das Auto in die Lüfte zu heben. In den Produktionsstatus schaffte es jedoch nicht ein einziges dieser Modelle, weshalb sich unter Experten der Scherz „Where’s my flying car?“ verbreitete.

Doch Presseabteilungen und Medienberichte bemühen sich erneut redlich, den nun stattfindenden endgültigen Durchbruch zu erkennen. Seit einiger Zeit streiten sich nämlich zahlreiche Unternehmen – darunter auch Schwergewichte wie Google, Airbus und Uber – um die Vormachtstellung in Sachen „Personal Aircraft“. Dabei hat sich der Designansatz weg von einem geflügelten Auto hin zu kleinen Flugzeugen entwickelt, die vertikal starten und landen (auch als VTOL, also Vertical Take-Off and Landing bekannt). An einem solchen Modell arbeitet etwa das slowakische Start-up Aeromobil mit seinem gleichnamigen Flugauto.

Nicht ganz so einzigartig wie gewünscht

Das Aeromobil 4.0, das 2017 in Monaco vorgestellt wurde, soll 2020 auf den Markt kommen. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt im Automodus 160 km/h, im Flugmodus 360 km/h. Kostenpunkt? Kolportierte 1,2 bis 1,6 Millionen €. Doch Aeromobil-Gründer und CEO Juraj Vaculík schiebt solchen Spekulationen im Interview mit Forbes Slovakia prompt einen Riegel vor: „Wir haben noch keinen Preis bestimmt, ich werde also nicht darüber spekulieren. Wir bauen an unserem Prototypen und wollen die Funktionalität verbessern. Der Preis hängt natürlich auch von den Komponenten, etwa im Motor, ab. Es wird aber auf jeden Fall eine Prämie geben, denn unser Produkt ist einzigartig.“

Das muss Vaculík natürlich sagen. Doch ganz so einzigartig ist das Aeromobil nicht. Denn wie gesagt: Das Rennen um das fliegende Auto wird von zahlreichen Teilnehmern bestritten. Nur rund 500 Kilometer von Aeromobils Heimatstätte Bratislava entfernt arbeitet in München ein weiteres Start-up an einem Flugauto. Lilium Aviation tüftelt an einem völlig elektrischen Drohnentaxi, das Menschen schon bald durch die Luft transportieren soll. Der Jet soll auf fünf Sitze ausgebaut werden, ein kleineres Modell mit zwei Sitzen absolvierte im April bereits erfolgreich erste Testflüge über Deutschland. Dabei schaffte es das Fluggefährt, in der Luft den Hover-Modus (à la Drohne) zu einem flügelgetragenen Flug (à la Flugzeug) umzustellen.

Dass Uber sich für ebensolche Flugobjekte interessiert, ist kein Wunder. Das Unternehmen wünscht sich, dass Nutzer fliegende Autos in Zukunft wie auf der Straße „bestellen“ können. Die vom Unternehmen angestrebte Einführung autonomer Flugautos bis 2020 scheint … nun ja, ambitioniert. Böse Zungen würden sogar realitätsfern sagen.

Wenig überraschend mischt auch der Suchmaschinenriese Google im Rennen mit. Mitgründer Larry Page unterstützt das Start-up Zee.Aero, das am fliegenden Auto forscht, bereits seit 2010 – scheinbar mit privaten Geldern. Generell stellen für Jungunternehmen die hohen Entwicklungskosten das größte Problem dar. So werden die Münchner von Lilium von namhaften Investoren unterstützt, etwa Skype-Mitgründer Niklas Zennström. Auch Aeromobil ist auf externe Gelder angewiesen. Diese kommen unter anderem vom Erfinder des slowakischen Flugautos, Stefan Klein, der sich aus dem operativen Geschäft zurückgezogen hat, sowie vom slowakischen Bildungsministerium, das dem Start-up eine Förderung von sechs Millionen € zur Verfügung stellte.

Es bricht ein neues Zeitalter für diese Art von Flugzeug an.

(Rodin Lyasoff)

Doch Skalenvorteile könnten die Produktionskosten in Zukunft senken. Denn Flugzeuge sind in der Herstellung deutlich teurer als Autos – und fliegende Autos vermutlich irgendwo dazwischen. Wenn nun aber mehr und mehr dieser fliegenden Gefährte produziert werden, könnten die Durchschnittskosten pro zusätzlich produzierter Einheit sinken. Das könnte passieren, wenn sich neben Google auch andere große Konzerne der Forschung widmen, etwa Airbus. Der europäische Flugzeugbauer benötigt keine Geldgeber, um die Forschung am fliegenden Auto voranzutreiben. Das Unternehmen will das fliegende Auto als eines der ersten Projekte seines internen Technologie-Accelerators etablieren. Rodin Lyasoff, CEO von A3, sagte gegenüber dem Wall Street Journal, dass einige Entwicklungen innerstädtische Flüge möglich machen würden. Darunter fielen laut Lyasoff verbesserte Lösungen zur Energiespeicherung, elektrische Motoren, das regulatorische Umfeld sowie öffentliche Akzeptanz: „Es bricht ein neues Zeitalter für diese Art Flugzeug an.“

Doch ganz so einfach ist es leider nicht. Vor allem hinsichtlich der Regulierung schwebt beim fliegenden Auto noch vieles im Ungewissen – insbesondere, wenn es autonom gesteuert werden soll. Das ist in Städten, in denen die regulatorischen Entscheidungswege kürzer sind, etwa Dubai, vielleicht einfacher. Doch selbst hier scheint die Ankündigung der Stadt Dubai, die ersten autonomen Drohnentaxis würden nicht erst 2020, sondern bereits im Sommer 2017 – sprich: jetzt – im Einsatz sein, kaum umsetzbar.

Das zeigt auch der stockende Fortschritt beim selbstfahrenden Auto. Die Technologie ist zumeist schneller als die Regulierungsbehörden, benötigt diese aber zur Massentauglichkeit. Zudem stellt sich die Frage der unternehmerischen Nachhaltigkeit, denn die hohen Entwicklungskosten müssen erst hereingespielt werden. Und selbst wenn Aeromobil, Lilium und Co ausreichend Kunden finden, die für ein Flugauto einen siebenstelligen Betrag auf den Tisch legen: Derzeit benötigt man für das Steuern solcher Flugautos einen Piloten – und einen Führerschein. Das schränkt die Kundenbasis – und damit das Marktpotenzial – massiv ein, was wiederum die Profitabilität infrage stellt.

Vermutlich lassen sich solche Projekte also vorerst nur über größere öffentliche Aufträge finanzieren. Der chinesische Hersteller EHang erhielt den Zuschlag für die Drohnentaxis in Dubai. In den neuen Transportobjekten sollen ein Mensch sowie ein kleiner Reisekoffer Platz finden.

Für Juraj Vaculík von Aeromobil hat aber sowieso ein anderes Problem Vorrang: „Wir haben eine hochprofitable, innovative Technologie, die natürlich zu Beginn teuer ist. Das war bei den ersten Mobiltelefonen allerdings auch so. Wenn es jedoch um unsere Strategie geht, wissen wir, was die Menschen suchen. Im Gespräch mit Investoren kommt stets das gleiche Wort vor: Glaubwürdigkeit, Glaubwürdigkeit, Glaubwürdigkeit.“

Da ist es nur bedingt hilfreich, wenn sich Konstrukteur und mittlerweile Investor Stefan Klein per Fallschirm aus dem Vorgängermodell des Aeromobil 4.0 retten muss. Klein war 2015 nahe dem slowakischen Flughafen Nitra bei einem Testflug in Schwierigkeiten geraten und musste den Flug per Notausstieg abbrechen. Er verletzte sich leicht. Es scheint, als müssten wir uns noch gedulden, bis wir wie Korben Dallas über Wien, Zürich oder München flitzen können. In Planstädten wie Dubai könnte die Technologie wohl schon früher ankommen. In Städten wie Rom, Paris, Wien oder Zürich wird die Ausarbeitung der Regeln wohl etwas mehr Zeit benötigen. Ein kleiner Trost: Es kann sich höchstens um (fünf) Jahre handeln.

Klaus Fiala,
Chefredakteur

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