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Moonwalk

Weltraumtouristen gibt es bereits, bis zum Mond hat es aber noch kein Urlauber geschafft. Beim Wettlauf ins All 2.0 ringen private Raumfahrtunternehmen um die Vormachtstellung, sie loten aus, ob das Geschäft rentabel ist. Die Kosten aber sind astronomisch.

Eine Vision für die 2050er: Mondtourismus ist der letzte Schrei, besonders für gut situierte Privatkunden. So stellte sich der Physiker und Science-Fiction-Schriftsteller Arthur C. Clarke in der 1961 veröffentlichten Novelle „A Fall of Moondust“ unter anderem das 21. Jahrhundert vor. Es ist ein Zukunftsbild, das bis heute nicht verwirklicht wurde.

Der Mond hat seit Langem eine spezielle Anziehungskraft für die Menschen. Private Reisepläne für einen Flug zum Mond gab es bereits: So wandte sich der österreichische Journalist Gerhard Pistor schon 1964 mit dem ungewöhnlichen Anliegen, zum Mond zu reisen, an eine Wiener Reiseagentur. Diese wiederum kontaktierte die amerikanische Fluggesellschaft Pan American. Rasch erkannte das New Yorker Unternehmen das Marketingpotenzial dahinter und begann, eine Vormerkliste für private Mondflüge zu bewerben. Als Neil Armstrong im Juli 1969 seinen ersten Schritt auf den Mond setzte, waren bereits 25.000 Interessenten in dieser Liste vorgemerkt. Bis zu ihrer Löschung mangels Realisierbarkeit 1971 sollte sie auf 93.000 Einträge anwachsen, darunter Persönlichkeiten wie der spätere US-Präsident Ronald Reagan. Der mediale Hype ließ ebenfalls nicht lange auf sich warten: Der Mond wurde im Juli 1971 zum „Place of the month“ des Holiday-Magazins auserkoren, die New York Times grübelte in ihrer Reiserubrik über den Erdtrabanten als Touristenfalle. Im Dezember 1972 stieg der US-amerikanische Astronaut Eugene Cernan nach dreitägigem Aufenthalt auf dem Mond in seine Mondfähre Challenger und trat die Heimreise an. Bis heute bleibt diese Mission, Apollo 17, der letzte bemannte Flug zum Erdtrabanten. Der Weltraum-Trubel verebbte relativ rasch wieder und verlagerte sich in die Science-Fiction-Szene. Das Fernweh ins All hält jedoch bis heute an. 

Das Blaue vom Himmel

Nun werden die Karten in der Raumfahrt jedoch neu gemischt, besonders die Forschung im privaten Sektor gewinnt an Auftrieb. Ganz vorne mit dabei im Wettlauf ins All 2.0 sind private Raumfahrtunternehmen von milliardenschweren Unternehmergrößen wie Silicon-Valley-Investor Elon Musk (SpaceX), Amazon-Gründer Jeff Bezos (BlueOrigin) oder dem britischen Magnaten Richard Branson (Virgin Galactic). Laut einem Bericht des Londoner Marktforschungsunternehmens Technavio soll der globale Markt für Weltraumtourismus bis 2021 um rund 75 Prozent auf ein Volumen von 34,46 Milliarden US-$ anwachsen. Das bestehende Angebot variiert von suborbitalen Flügen an der Grenze zum Weltraum über einen Besuch bei der Internationalen Raumstation (ISS) bis hin zu „Space Walks“ mit professionellen ISS-Kosmonauten. Zum Mond haben es aber noch keine Touristen geschafft. Nun machen hier zwei US-amerikanische Unternehmen Ernst und liefern sich dabei ein Kopf-an-Kopf-Rennen: Musks SpaceX und Space Adventures mit Sitz in Virginia.

Wie Elon Musk im Februar 2017 erklärte, wollen zwei Privatpersonen von SpaceX in deren voll automatisierter Dragon-Raumkapsel auf eine „circumlunare“ Mission um den Mond geschickt werden. Eine Landung ist für den rund einwöchigen Trip nicht geplant, dafür ein kurzer Aufenthalt auf der ISS und ein orbitaler Flug in der Umlaufbahn des Mondes. Die Identität der ersten Mondtouristen wollte Musk dabei noch nicht bekannt geben, es sei jedenfalls „niemand aus Hollywood“, so der Unternehmer. Dass die zwei Kunden es ernst meinen, stehe außer Frage: So hätten sie bereits eine „beträchtliche Anzahlung“ geleistet, nun müssten sie Fitness- und Gesundheitstests absolvieren.

Der Zeitplan ist straff. Der Jungfernflug der zweistufigen Trägerrakete Falcon Heavy, welche die Raumkapsel Dragon V2 ins All befördern soll, war für Sommer 2017 angesetzt. Das System besteht aus einer erweiterten und zwei kleineren Falcon-9-Raketen zum Antrieb und wäre damit das leistungsstärkste Trägersystem seit der Apollo-Mondrakete Saturn V aus den frühen 1970er-Jahren. Jonathan McDowell vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics bezweifelt allerdings, dass SpaceX die Deadline einhalten wird: „Die Falcon Heavy hatte einige Entwicklungsprobleme. Sie wird bald ihren ersten Startversuch durchführen, aber bemannte Flüge bis 2018 sind unrealistisch.“ Auch in den eigenen Reihen schwindet anscheinend die Zuversicht, dass der erste Test reibungslos abläuft. Musk im Juli auf der „International Space Station Research and Development“-Konferenz: „Die Chancen sind hoch, dass die Rakete nicht einmal den Orbit erreicht. Ich hoffe, sie schafft es weit genug, um die Abschussrampe nicht zu beschädigen. Ehrlich gesagt würde ich sogar das schon als Erfolg bezeichnen.“

Auch die Frachtkapsel Dragon V2 kam noch nie zum Einsatz und soll diesen November erstmals getestet werden. Finanziert wird die Entwicklung vor allem durch das „Commercial Crew Development“-Programm der NASA, insgesamt wurden 3,1 Milliarden US-$ an SpaceX ausgezahlt. Schon seit Mai 2012 wird das Vorgängermodell Dragon als Raumschiff zum Transport von Nutzlasten zur Internationalen Raumstation (ISS) regelmäßig verwendet. Anders als bisherige Frachtsysteme kann die Dragon-Kapsel wieder in die Erdatmosphäre eintreten und landen, ohne zu verglühen, wodurch der Rücktransport von Material zur Erde möglich wird. Der Wiedereintritt stellt neben dem Start aufgrund der enormen Geschwindigkeit und der dabei entstehenden Hitze den riskantesten Abschnitt der Reise dar. Bei der Rückkehr der Apollo 8-Mission im Dezember 1968 erreichte die Kapsel eine Geschwindigkeit von 40.000 km/h. Harvard-Astronom McDowell: „Die Dragon-2-Kapsel wird 2018 noch nicht für die erste Erdumrundung bereit sein. Plausibel wäre 2020. Aber der Terminkalender von SpaceX ist jetzt schon relativ voll, ich würde also nicht darauf wetten.“

Mondpreise

Der Hauptmitstreiter im Wettlauf zum Mond hat wesentlich mehr Erfahrung: Das US-amerikanische Raumfahrtunternehmen Space Adventures wurde 1998 gegründet und machte sich einen Namen, als es im Mai 2001 US-Unternehmer Dennis Tito als ersten Weltraumtouristen für 20 Millionen US-$ zur ISS schoss. Sechs weitere Allbesucher folgten in den Jahren darauf. Bereits 2005 startete das Projekt Deep Space Expedition Alpha (DSE-Alpha), mit dem die ersten Touristen um den Mond reisen sollen. Wie bei den bisherigen Angeboten wird der Flug mit einem Sojus-Raumfahrzeug der russischen Weltraumorganisation Roskosmos durchgeführt werden. Zwei zahlungskräftige Passagiere für den ersten Flug haben sich bereits gefunden – ein Ticket kostet 150 Millionen US-$. Aber auch Space Adventures hat Schwierigkeiten, seine hochgesteckten Ziele zu erreichen. „Vor dem 50. Jubiläum des Apollo-Programms“ wolle man die Reise zum Mond antreten, so Mitgründer und Chairman Eric Anderson 2012 in einer Videoerklärung. Heuer im Februar ist die Frist verstrichen – ohne konkrete Begründung.

Doch auch Space Adventures plant nur eine „circumlunare“ Reise ohne Landung und Außenbordeinsatz. Dass ein Moonwalk kein Spaziergang für die Entwickler ist, erfuhr das US-Raumfahrtunternehmen Golden Spike aus Colorado am eigenen Leib: Als einziger Weltallreisen-Anbieter strebte Golden Spike eine Landung inklusive Erkundung der Mondlandschaft an. Mit „Kosten von sieben bis acht Milliarden US-$“ rechnete CEO Alan Stern bei der Präsentation des Projekts 2012. Kurze Zeit später verschwand die Firma von der Bildfläche, die Website ist seit Jahren „in Wartung“.

Wir werden uns also noch einige Jahre mit Ferien in der sublunaren Welt begnügen müssen, bis die ersten zahlungskräftigen Besucher tatsächlich über den Mond spazieren. Ob eine solche Reise überhaupt jemals für den Durchschnittsbürger leistbar sein wird, steht in den Sternen.

Arthur Corazza,
Editorial Team

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