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Mein Freund, der Roboter?

Wie das Zusammenleben von Menschen und Robotern in ethischer Hinsicht sinnvoll gestaltet werden kann, ist bei Weitem noch nicht geklärt. Geht es nach Aimee van Wynsberghe, ist es aber höchste Zeit dafür.

Szenarien wie jene im Film „Robot & Frank“ scheinen gar nicht mehr so weit weg. Dieser zeichnet ein tragisch-komisches Zukunftsbild: der alternde Hauptprotagonist Frank bekommt von seiner Familie einen humanoiden Pflegeroboter zur Seite gestellt. Er soll ihn im Haushalt unterstützen. Ist Frank anfangs noch wenig erfreut, entwickelt sich im Lauf der Zeit zwischen ihnen eine enge Beziehung. Denn VGC-60L, so der Name des Roboters, kommuniziert in natürlicher Sprache und schaut überaus aufmerksam auf ihn. Im Verlauf des Films bekommt die Handlung jedoch ein anderes Antlitz: Frank nutzt den Roboter um seiner eigentlich Vorliebe nachzugehen – dem Juwelendiebstahl. Und VGC-60L stellt sich dabei als überaus hilfreicher Gefährte heraus…

Diese Thematik wirft eine heutzutage sehr präsente Frage auf: Sollen humanoide Roboter nach juristischen Regeln handeln? Wie soll die Ethik eines Zusammenlebens aussehen? Der Science Fiction-Autor Isaac Asimov formulierte (siehe unser letzter Artikel zu diesem Thema) bereits 1950 in seinen Kurzgeschichten „Ich, der Robot“ drei Robotergesetze, wie sich Roboter in der Gesellschaft verhalten sollten. Bis heute wurden weltweit zwar noch keine Roboter-Regeln in einen Gesetzestext gegossen. Die EU-Parlamentarier hatten die EU-Kommission jedoch dieses Jahr dazu aufgefordert Robotergesetze zu verabschieden. Die Foundation for Responsible Robotics warnt ebenfalls davor, zu lange mit einem Regelwerk für Roboter und das Zusammenleben mit ihnen zu warten. Ebenso vor Zukunftsszenarien, in denen Menschen die Kontrolle über die Roboter verlieren. CEO und Co-Founderin Aimee van Wynsberghe im Interview über eine verantwortungsvolle Produktion, Gesetzesbeschlüsse und Sex-Roboter. Die Niederländerin ist derzeit Assistenzprofessorin für „Ethics of Technology“ an der Technischen Universität Delft.

Womit beschäftigt sich die Foundation for Responsible Robotics?
Die Foundation arbeitet Non-Profit und wurde 2015 in den Niederlanden gegründet. Unser Ziel ist es, ein verantwortungsvolles Design, Entwicklung, Nutzung und Regulierung von Robotern zu fördern und zu unterstützen. Dabei haben wir drei Kernfelder: Workshops, um die Industrie, Akademie und NGOs zusammenzubringen. Zudem engagieren wir uns, das Bewusstsein in der Öffentlichkeit zu schärfen und diese zu informieren.

Welche Themen behandeln Sie in diesem Zusammenhang?
Der letzte Report beschäftigte sich zum Beispiel mit Sex-Robotern. Wir wollten der Öffentlichkeit zeigen, dass es zwar bereits Unternehmen gibt die bereits daran arbeiten, aber die Regulierung dazu noch fehlt. Dabei machen wir aber keine Meinungsbildung, sondern bilden Innovationen ab. Das dritte Kernfeld sind Public-Private-Partnerschaften mit verschiedenen Unternehmen. Damit schaffen wir Transparenz zwischen den Unternehmen und den Kunden.

Woran arbeiten Sie momentan?
Derzeit arbeiten wir noch nicht mit Robotics-Unternehmen zusammen. Sondern an einem Zertifizierungsprozess – das was „Fair Trade“ für Kaffee gemacht hat, wollen wir für Robotik kreieren. Also zu erfragen: Hat das produzierende Unternehmen eine funktionierende Umweltschutzpolitk, eine Datenschutz- und Diversitätsstrategie?

Was meinen Sie, wenn Sie von verantwortungsvollem Design sprechen?
Es geht darum, diese soeben angesprochene politische Dimension so früh wie möglich in einem Designprozess zu berücksichtigen. Und nicht erst, wenn der Roboter vor einem steht. Verantwortungsvolle Produktion heißt, die zu erwartenden Möglichkeiten miteinzubeziehen und zu bedenken und sicher zu stellen, dass es ein betriebssicheres Produkt ist.

Wird von Unternehmen in diese Richtung also noch zu wenig getan?
Ich würde sagen ja. Aber man kann die Industrie nicht alleine dafür verantwortlich machen. Denn wir haben noch keine entsprechenden Regulatorien entwickelt, damit diese auch tatsächlich umgesetzt werden müssen.

Liegt der Ball dann also bei den Regierungen?
Es ist auch unfair, die Bürde den Regierungen aufzuerlegen, und zu sagen, dass diese für die Gesetzgebung sorgen müssen. Vielmehr sehe ich diese Rolle bei den NGOs. Sie müssen beginnen, gewisse Regeln und Standards festzusetzen, wonach sich die Unternehmen dann richten. Also ein „soft law“-Ansatz.  

Läuft man beim sogenannten „soft law“ Gefahr, dass jenes nicht eingehalten wird?
Ich glaube, dass dies derzeit der einzige Weg ist. Denn wenn wir bindendes Recht einführen, passiert folgendes: Die Technologie schreitet immer schneller voran als die Gesetzgebung. Führt man also Gesetze ein, sind diese in fünf oder zehn Jahren obsolet. Mit soft laws hingegen kann man austesten was funktioniert und was nicht und so zumindest den Prozess in Gang setzen.

Was sagen Sie zu der Entwicklung, dass Roboter immer menschlicher werden?
Hierbei gibt es zwei Aspekte: Einerseits führt jene Entwicklung, dass Roboter immer menschlicher aussehen, zu dem Missverständnis, dass diese so etwas wie Gefühle haben und wie wir denken. Das ist gefährlich. Aber das ist Technologie – wie ein Kühlschrank. Wir weisen den Robotern dadurch auch Rollen zu, wir sehen in ihnen dann womöglich Kinder. Der andere Aspekt ist: Wenn wir denken, dass diese Gefühle haben, behandeln wir Roboter vielleicht wie einen Menschen und verleihen diesen eine Staatsbürgerschaft. Wie in dem derzeitigen Fall in Saudi Arabien.  Dort leben viele Frauen, die keine derartigen Rechte haben. Aber es könnte auch gut sein, dass dies passiert, um über diese Debatte nachzudenken.

Was machen Sex-Roboter mit unserer Gesellschaft?
Wir befinden uns dabei in so einer frühen Phase, dass es unverantwortlich wäre, sich für ein Verbot auszusprechen. Denn es gibt auch positive Aspekte, die es zu berücksichtigen gilt: Etwa bei Frauen, die unter einem sexuellen Trauma leiden, könnte es als Teil ihrer Therapie eingesetzt werden. Diese könnten sozusagen erst einmal „trainieren“ intime Momente mit einem Roboter zu haben. Aber auch für Menschen mit Behinderung oder ältere Personen könnte es hilfreich sein. Diese Technologien könnten also unglaublich wertvoll sein, aber wir müssen beginnen, mit diesen Individuen zu sprechen, ob sie so etwas nutzen würden. Anderseits muss man auch fragen, was dies mit der zwischenmenschlichen Interaktion macht, wenn man den Roboter nicht um Einverständnis fragen muss – und dies zur Normalität wird. Zudem kann die Einfachheit der Nutzung auch zu sozialer Isolation führen.

Niklas Hintermayer,
Redakteur

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