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Naturtalent

Die Natur – also Tier- und Pflanzenwelt – führt seit jeher zu utopischen Vorstellungen. Egal ob Batman, Spider-Man, Catwoman: sie alle nutzen Fähigkeiten, um „besser“ zu werden. In den Medien ist die „Bionik“ sehr prominent, in der Wirtschaft jedoch weniger stark vertreten. Wieso?

Egal ob Fledermäuse, Spinnen oder Katzen – die Faszination an den Fähigkeiten und Bewegungsabläufen in der Natur überträgt sich seit langem auch auf bekannte Superhelden. Während Batman sich vor allem an der Optik seiner tierischen Inspiration orientiert, sind es bei Spider-Man Fähigkeiten, die er nach dem Biss einer Spinne erlangt. So kann er Spinnennetze weben und problemlos an Wänden hochklettern.

Diese spezifische Faszination an der Natur hält auch heute weiterhin an. Unter dem Begriff „Bionik“ erforschen Unternehmen, Universitäten und Start-ups Möglichkeiten, die Angewohnheiten von Tieren auf den Menschen – und zunehmend auch auf Maschinen – zu übertragen. Dieses Feld in der Öffentlichkeit bekannter zu machen ist seit fünf Jahren die Aufgabe von Daniel Portmann und seinem Team im Bionik Zentrum Luzern.

Forbes: Was ist der Status Quo in Sachen Bionik?

Daniel Portmann: Unser Zentrum gibt es nun seit etwa fünf Jahren – und wie bei den meisten solcher Zentren ist das Resultat in gewisser Weise ernüchternd. Denn während Bionik ein großes Thema in Medien und Forschung bleibt, ist es in der Wirtschaft noch relativ irrelevant. Das zeigt sich auch international.

Das heißt aber nicht, dass es Spider-Man nie geben wird. Doch der Bereich wird derzeit vor allem von Forschungsinstituten vorangetrieben, etwa der Robotik, wo die ETH Zürich besonders stark ist. Dort gibt es etwa auch Exoskelette, wo behinderte Menschen beim Gehen unterstützt werden. In der Industrie ist das aber noch nicht allzu groß angekommen.

Warum ist die Bionik dann in den Medien so präsent?

Die Natur und ihre Beispiele treffen den Zeitgeist. Ein Teil der Menschen besinnt sich derzeit auch zurück zur Natur. Und es ist natürlich faszinierend, welche Probleme die Natur schon gelöst hat. Das zeigt sich auch bei Vorträgen, die wir über die Bionik halten – das Thema findet extrem guten Anklang. Und es ist den Leuten noch einigermaßen verständlich zu erklären, was denn die konkreten Beispiele sind. Nanophysik ist ja auch extrem spannend, das verstehen aber deutlich weniger Menschen.

Was sind die derzeit großen, relevanten Themen in der Forschung?

Kommunikation ist ein großes Thema – und wird es auch bleiben. Die Frage ist dabei, wie die Natur kommuniziert und auch: wie können wir Roboter beim Kommunizieren helfen? Das geht natürlich auch in Richtung Objekterkennung etwa für Drohnen, wenn diese zunehmend im Luftverkehr unterwegs sind.

An welchen Tiergruppen nimmt sich die Forschung da ein Beispiel?

Man hat Schwärme untersucht, etwa Fische oder Vögel. Wenn wir Objekte kontrollieren, versuchen wir dies stets von einer Zentrale aus zu tun. Die Natur kümmert sich aber nur um ein paar wenige Objekte im Schwarm. Die Tiere sehen und kümmern sich nur um eine Handvoll von Kollegen, die sich unmittelbar nebenan befinden – und reagieren dann entsprechend dieser „Nachbarn“. Die Verarbeitungskomplexität ist dadurch deutlich kleiner, als wenn eine zentrale Instanz in einem Schwarm tausend Fische überwachen muss. So gelingt es der Natur, sich als Schwarm ohne große Kollisionen und mit geringem Informationsaufwand fortzubewegen. So lassen sich auch eigene technische Systeme steuern, wo nur die direkten Nachbarn beachtet werden.

Gibt es nur aus der Tierwelt Anwendungen?

Nein, die Forschung bedient sich auch bei Pflanzen. Ebenfalls hinsichtlich der Interaktion des Wurzelgeflechts, es gibt aber auch größere Ideen, etwa Konzepte aus der Pflanzenwelt in der Weltraumforschung anzuwenden, um Kabel zu ersetzen oder zu unterstützen.

Die angesprochenen Themen betreffen vor allem Roboter. Wird denn auch an der Erweiterung des Menschen geforscht – dem sogenannten „Human Enhacement“?

Das Human Enhancement wird sicher kommen. Wie und wo ist aus heutiger Sicht aber schwer zu beurteilen. Es gibt natürlich Bestrebungen, wo man diskutieren kann, ob diese gut oder schlecht sind. Im militärischen Bereich etwa sind natürliche Phänomene hochinteressant, um solche „Supermänner“ zu kreieren. Etwa, wenn sie eine bessere visuelle Erkennung, mehr Kraft oder mehr Schnelligkeit haben.

Welche Länder nehmen im Bereich Bionik eine Vorreiterrolle ein?

Japan geht mit dem ganzen Thema – der Interaktion von Mensch und Hilfsroboter – viel offener und unbefangener um als wir in Westeuropa. Aber auch Deutschland hat sich in dem Bereich relativ stark ausgebaut. Im angelsächsischen Raum ist Bionik sicher auch ein Thema.

Klaus Fiala,
Chefredakteur

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